1. Februar 2023

Interview zu den geplanten Kapitalmaßnahmen

mit TUI Group CFO Mathias Kiep

Im Dezember hat die TUI mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) eine Vereinbarung zur Rückführung der Corona-Hilfen getroffen – trotz weiterhin herausfordernder Marktbedingungen. Warum war der Zeitpunkt richtig für diese Entscheidung?

Die Staatshilfen, die wir während der Pandemie erhalten haben, wollen wir so schnell wie möglich zurückgeben. Das haben wir immer sehr klar kommuniziert. Wir haben gemeinsam mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds, kurz WSF, einen strukturierten Prozess für die Rückführungen vereinbart. 2023 wird ein Jahr der Transformation, in dem wir dies konsequent umsetzen, um die Unterstützung der Bundesregierung abzulösen und die TUI für profitables Wachstum vorzubereiten. Wichtig ist uns weiterhin, unsere Nettoverschuldung und die Zinskosten zu reduzieren und die Bilanz der TUI zu stärken, um unseren finanziellen und unternehmerischen Spielraum zu verbessern. Im Frühjahr 2022 haben wir begonnen, die staatlichen Hilfen sukzessive zurückzuführen. Wir hatten dann ein sehr gutes Sommergeschäft und ein deutlich positives Ergebnis im Gesamtjahr. Gleichzeitig setzen wir unsere eigene Transformation weiter konsequent um: Die TUI ist operativ und finanziell stabil. Mit unserer klaren Strategie und unserem robusten Geschäftsmodell wollen wir zügig zurückkehren zu Normalität und profitablem Wachstum.

Was sieht die Vereinbarung konkret vor?

Die Vereinbarung legt die Bedingungen für die Rückzahlung fest und ist die Grundlage für die entsprechenden Beschlussfassungen durch unsere Aktionärinnen und Aktionäre auf der Hauptversammlung der TUI am 14. Februar 2023. Konkret geht es noch um die Stille Einlage I über 420 Millionen Euro und den verbliebenen Teil einer vom WSF gezeichneten Optionsanleihe in Höhe von 59 Millionen Euro sowie aufgelaufene Zinsen. Beide Instrumente könnten vom Staat in Aktien der TUI gewandelt werden. Um TUI die Rückführung der Maßnahmen zu ermöglichen, verzichtet der Staat jedoch bis Ende 2023 auf das Recht, die beiden Instrumente in Aktien der TUI zu je 1,00 Euro pro Anteilsschein zu wandeln. Insgesamt zahlen wir für den vollständigen Ausstieg des WSF je nach Kursentwicklung zwischen 730 Millionen und 957 Millionen Euro an den Staat. Unabhängig von der Vereinbarung mit dem WSF wollen wir auch die bestehenden Kreditlinien bei der KfW substanziell reduzieren.

Wie soll die Rückführung der Hilfen finanziert werden?

Es ist eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten geplant, die wir im Dezember angekündigt haben. Die Voraussetzungen dafür soll die Hauptversammlung am 14. Februar schaffen.

Welche Voraussetzungen sind das?

Bereits in der letzten Hauptversammlung im Februar 2022 wurden zwei genehmigte Kapitalien beschlossen, die für die Kapitalerhöhung ausgenutzt werden sollen. Damit die Kapitalerhöhung erfolgreich durchgeführt werden kann, muss aber vorher das Grundkapital herabgesetzt werden. Darüber stimmen die Aktionärinnen und Aktionären der TUI auf der ordentlichen Hauptversammlung im Februar ab.

Können Sie das bitte näher erläutern?

Wir haben uns als TUI dazu verpflichtet, der Hauptversammlung eine Herabsetzung des Grundkapitals vorzuschlagen. Das ist Teil der Vereinbarung mit dem WSF und schafft eine bessere Ausgangslage für die TUI sich zu refinanzieren. Hintergrund ist, dass bei einer Kapitalerhöhung neue Aktien immer mit einem Abschlag ausgegeben werden, um einen Anreiz zu schaffen, diese zu erwerben. Gemäß Aktienrecht darf der Ausgabebetrag der neuen Aktien 1,00 Euro nicht unterschreiten. Bei der geplanten Kapitalherabsetzung wollen wir die Aktien im Verhältnis zehn zu eins zusammenlegen um die notwendige Flexibilität im Hinblick auf den Aktienkurs zu erhalten. Dadurch verringert sich die Zahl der Aktien um den Faktor zehn. Der Preis der Aktie an der Börse steigt dann aber entsprechend, da sich der gleichbleibende Marktwert des Konzerns auf weniger Aktien verteilt.

Welche Auswirkungen hat das konkret – insbesondere für die Aktionäre?

Stimmt die Hauptversammlung für die Herabsetzung, wird die Anzahl ausgegebener Aktien auf ein Zehntel reduziert, sinkt also von derzeit rund 1,785 Milliarden Aktien auf dann rund 179 Millionen Aktien. Infolge der Zusammenlegung der Aktien verkörpert eine neue Aktie einen gegenüber der alten Aktie verzehnfachten Anteil an TUI, so dass sich der Börsenpreis für eine neue Aktie mathematisch verzehnfacht. Der Wert der Beteiligung unserer Aktionäre bleibt unverändert, beispielsweise würden demnach in einem Aktiendepot mit gegenwärtig 100 TUI-Aktien und einem Kurswert von 200 Euro nach der Aktienzusammenlegung noch 10 (neue) TUI-Aktien liegen bei gleichem Börsenwert von 200 Euro. Lautet die Aktienanzahl im Depot nicht auf einen durch 10 teilbaren Betrag, wird dem Aktionär je nach Depotbank eine Verwertung oder ein Hinzuerwerb von Aktienteilrechten ermöglicht.

Was muss ich als Aktionär unternehmen, um bei der Kapitalherabsetzung und der anschließenden Kapitalerhöhung mitzumachen?

Wichtig ist zunächst im ersten Schritt, die erforderliche Genehmigung der Hauptversammlung, dass die TUI das Grundkapital senken darf, woran jeder Aktionär durch seine Teilnahme an der HV und die Zustimmung zu den Beschlussvorschlägen mitwirken kann. Ist dies erfolgt, geschieht die Zusammenlegung der Aktien über die eigene Depotbank. Anschließend werden weitere Schritte für die Kapitalerhöhung eingeleitet, die bei günstigem Marktumfeld durchgeführt werden soll. Wer Aktien der TUI besitzt, bekommt von seiner Bank eine Mitteilung über die zugeteilten Bezugsrechte. Ich erfahre also, wie viele neue Aktien ich zu einem festgelegten Bezugspreis je Aktie erwerben darf.

Und wenn ich nicht teilnehmen möchte?

Das geht auch. Dann werden die Bezugsrechte verkauft und der Käufer erwirbt dadurch das Recht, neue Aktien zu beziehen. Ich erhalte in diesem Fall den Gegenwert der Bezugsrechte auf meinem Konto gutgeschrieben. Man sollte aber einen wichtigen Punkt beachten: nimmt man nicht an der Kapitalerhöhung teil, sinkt der prozentuale Anteil des eigenen Aktienpakets am Gesamtunternehmen. Denn: Durch die Ausgabe zusätzlicher Aktien sind nachher mehr Aktien des Konzerns im Umlauf und der Unternehmensgewinn verteilt sich auf mehr Aktien, damit reduziert sich mein Anteil und auch der Wert meines Depots – er „verwässert“.

Wo finde ich noch weitere Informationen zu diesem Thema?

Auf der TUI Group Webseite im Bereich Investor Relations wurden die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema zusammengetragen.

Vielen Dank, Mathias Kiep.

Sehr gerne.